"tenebrae" Konzert für Tuba und Blasorchester

1. Satz: "tenebrae" (lat. Finsternis, Wirrnis)

Vor dem unerbitterlichen Pochen des Schicksals irrt der Mensch in der Gesellschaft umher und sucht nach einem Ausweg aus seiner Misere. Das ständig wiederkehrende triolische Fragemotiv in der Solotuba, welches das ganze Stück durchzieht, charakterisiert diese Orientierungslosigkeit und Frage nach dem „Warum“. Der Mensch versucht sich anzupassen, ist aber wegen der sich oftmals wechselnden Gegebenheiten verwirrt. Scheint sich alles zu fügen, alles einer einzigen Ordnung zu gehorchen, begegnet man Gemeinsamkeiten, ....bricht diese Scheinwelt auch schon wieder zusammen. Die Hilfeschreie werden überhört, abgewürgt, unterdrückt. Ohne Rücksicht fährt die Masse über den Einzelnen hinweg. Eine Einsicht bleibt dem Umherirrenden: Posaune und Solotuba intonieren den Cantus firmus aus dem gregorianischen Choral des Pater noster: „... et dimmitte nobis debita nostra..“ – und vergib uns unsere Schuld – „...et ne nos inducas in tentationem...“ – und führe uns nicht in Versuchung. Plötzlich ein Aufschrei, viele erkennen ihren Irrweg, ihre eigene Finsternis.

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2. Satz „serenitas falsa“ (lat. Die falsche Heiterkeit)

Reduziert auf fünf Musiker zeigt uns dieser Satz den Menschen im kleinen Kreis einiger scheinbar Gleichgesinnter. Doch richtige Einheit will nicht aufkommen. Immer wieder kommt der Charakter der künstlichen, sich selbst aufgezwungen Erheiterung durch. Wie in einer Zeitlupenaufnahme verläuft die Unterhaltung, bleibt fast stehen. So rechte Freude will sogar beim gemeinsamen Walzer nicht aufkommen, eher erinnert diese Passage an eine verrostete, oft stehen bleibende Ringelspielorgel.

 

Komponiert habe ich diesen Satz im Spätherbst des Jahres 2002 in einem heruntergekommenen Kaffehaus am Wiener Naschmarkt innerhalb einer guten Stunde.

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Ich sehe heute noch den einzig besetzten Tisch im Lokal vor mir, an dem fünf betrunkene Männer und Frauen den Versuch einer Konversation unternahmen. Ein Bild das mich aber nicht erheiterte, sondern damals sehr traurig stimmte.

3. Satz: „ruina“ – (lat. Fall, Zerfall)

Außer zu einem sehr gleichgültigen, resignierenden Thema ist der Solist zu nichts mehr fähig.

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Wieder das Pochen. Unaufhaltsam beginnt ein „Marsch neben der Spur“, dazwischen das Fragemotiv aus dem ersten Satz. Erneuter Beginn. Eine neue Perspektive vielleicht? Nein! Unaufhaltsam, wie eine Herde von Lemmingen läuft man dem Abgrund entgegen. Letzter Versuch einer Lösung. Man ist allein! Verzweifelte Fragen, darüber fährt die Masse hinweg.       UNTERGANG.

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Gewidmet ist das Werk meinem lieben Freund und Komponistenkollegen Michael Wahlmüller.

Die Uraufführung fand am 25. Oktober 2003 in der Pfarre St. Josef – Ennsleite in Steyr statt.

Es musizierten Stefan Stockinger (Tuba) und die Stadtkapelle Steyr unter dem Dirigat von Reinhard Nowak.